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LG Düsseldorf: Augenarzt darf die Herausgabe von Refraktionswerten nicht verweigern, weil seine Patienten zu einem anderen Augenoptiker gehen (Urt. v. 22.02.2012; Az.: 12 O 9/11)

Leitsätzliches

1. Unlauter handelt danach, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Aus­übung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemes­sen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen.
2. Druck ist die Zufügung oder Androhung von Nachteilen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Natur zu verstehen, wozu auch der Entzug von bisher gewährten Vorteilen gehört.

 

LANDGERICHT Düsseldorf

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

 Aktenzeichen:  12 O 9/11

Entscheidung vom 22.02.2012


Tenor:

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

a.) Patienten dadurch zum Kauf von Korrektionsbrillen in dem Augenoptikergeschäft A. in B. zu bewegen, dass er die Angabe der nach der Refraktionsbestimmung ermittelten Werte mit der Begrün­dung verweigert, er gebe diese nicht heraus, wenn sie bei einem anderen Augenoptikergeschäft als dem eigenen zum Zwecke des Kaufs einer Korrekti­onsbrille vorgelegt werden soll;

und/oder

b.) Patienten nach Feststellung des Refraktionswertes zur weiteren Versor­gung mit einer Brille ohne hinreichenden Grund im Einzelfall sein eigenes Augenoptikergeschäft zu empfehlen, ohne dass der Patient um eine Empfeh­lung gebeten hat.

2. Dem Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungs­geld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs­haft , oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 208,65 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.01.2011 zu zahlen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 45.000,00 € vorläufig voll­streckbar.
 


T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist die C.

Der Beklagte ist Augenarzt und betreibt seit 1992 eine Augenarztpraxis in dem Haus B. Er ist zudem Augenoptikermeister und grün­dete im Jahre 1998 das A., welches ebenfalls auf der B. ansässig ist.

Der Beklagte weist (Kassen-) Patienten, bei denen er eine Refraktionsbestimmung vorgenommen hat, darauf hin, dass er in seiner Eigenschaft als Augenoptikermeister das besagte Optikergeschäft betreibt und fragt sie, ob er ihnen durch Mitarbeiter das Geschäft zeigen könne, wobei er betont, dass man sich zu nichts verpflichtet fühlen müsse. Die Herausgabe einer Bescheinigung der Refraktionswerte verweigert er und bietet insoweit nicht ungefragt an, die sich aus der Refraktionsbestimmung ermittel­ten Werte dem Patienten auf andere Art und Weise mitzugeben.

Mit Schreiben vom 13.10.2010, überreicht als Anlage K 4, mahnte die Klägerin das Verhalten des Beklagten ab und forderte ihn auf, die beigefügte Unterlassungserklä­rung zu unterzeichnen. Dies lehnte der Beklagte ab.

Die Klägerin trägt vor:

Nachdem der Beklagte die Sehstärke der als Zeugin benannten D. ermittelt habe, habe der Beklagte sie direkt aufgefordert, sofort in sein Optikergeschäft zu gehen, wo die Brillenverordnung bereits vorgelegen habe. Auf den telefonisch geäußerten Wunsch, ihr ein Rezept mit ihren Glasstärken zu senden, sei D. seitens der Angestellten mitgeteilt worden, dass grundsätz­lich keine Glaswerte herausgegeben würden, wenn der Patient zu einem anderen Augenoptiker gehen wolle.

Im April 2010 habe der Beklagte gegenüber der als Zeugin benannten E. nach Ermittlung der Sehstärke zu seinem Augenoptikergeschäft im glei­chen Hause geschickt. Nachdem diese Patientin ihn gebeten habe, ihm die Brillenverord­nung mitzugeben, habe er ihr gegenüber erklärt, er gebe grundsätzlich keine Glaswerte heraus, wenn der Patient zu einem anderen Augenoptiker gehen wolle.

Der Beklagte übe durch die Verweigerung der Angabe der Refraktionswerte erhebli­chen Einfluss auf seine Patienten aus, die sich dadurch veranlasst fühlten, eine Brille bei ihm selbst zu kaufen.

Nachdem die Klägerin hinsichtlich des Antrages zu Ziffer 1 a) zunächst beantragt hat, den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr a) Patienten dadurch zum Kauf von Korrekturbrillen in dem Augenoptikergeschäft A. in der B. zu bewegen, dass er die Herausgabe der Bescheinigung über Brillenwerte nach deren Bestimmung in seiner Augenarztpraxis mit der Begründung verweigert, er gebe eine solche Bescheinigung nicht heraus, wenn sie bei einem anderen Augenoptikergeschäft als dem eigenen zum Zwecke des Kaufs einer Korrektions­brille vorgelegt werden soll,

beantragt der Kläger nunmehr,

1. den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Ver­kehr 

a.) Patienten dadurch zum Kauf von Korrekturbrillen in dem Augenoptikergeschäft A. in der B. zu bewegen, dass er die Angabe der nach der Refraktionsbestimmung ermittelten Werte mit der Begrün­dung verweigert, er gebe diese nicht heraus, wenn sie bei einem anderen Augenoptikergeschäft als dem eigenen zum Zwecke des Kaufs einer Korrekti­onsbrille vorgelegt werden soll;

und/oder

b.) Patienten nach Feststellung des Refraktionswertes zur weiteren Versor­gung mit einer Brille ohne hinreichenden Grund im Einzelfall sein eigenes Augenoptikergeschäft zu empfehlen, ohne dass der Patient um eine Empfeh­lung gebeten hat.

2. Dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen eines der unter Zif­fer 1. ausgesprochenen Verbote ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungs­geld in Höhe von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungs­haft bis zu 6 Monaten, und Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anzudrohen;

3. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 208,65 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.01.2011 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor:

Er sei zur Herausgabe der durch die Refraktionsbestimmung ermittelten Werte nicht verpflichtet. Weder er noch seine Mitarbeiter forderten Patienten in der augenärztli­chen Praxis dazu auf, sein Augenoptikergeschäft aufzusuchen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 11.01.2012 verwiesen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I. Es bestehen keine Bedenken gegen das Bestimmtheitsgebot gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Es liegt kein Fall der unzulässigen alternativen Klagehäufung vor, bei dem ein einheitli­ches Rechtsschutzbegehren ohne nähere Angaben auf verschiedene Klage­gründe gestützt wird („alternative Klagehäufung“, vgl. BGH GRUR 2011, 521 – TÜV).

Die Klägerin stützt den Klageantrag zu 1 a) in erster Linie auf § 4 Nr. 1 UWG und den in der Klageschrift vorgetragenen Sachverhalt. Den Klageantrag zu 1 b) stützt sie auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34 Abs. 5 Berufsordnung der Nordrhein-Westfälischen Ärztinnen und Ärzte (BOÄ), wobei sie sich in erster Linie auf den in der Klageschrift vorgetragenen Sachverhalt bezieht und sich hilfsweise das Vorbringen des Beklagten zu Eigen macht. Nachrangig beruft sich die Klägerin hinsicht­lich der Klageansprüche zu 1 a) und b) auf §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 31 BOÄ.

Der Klageantrag zu 1 b) ist auch hinreichend bestimmt formuliert, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es bestehen keine Bedenken gegen die Verwendung des unbestimmten Be­griffs „ohne hinreichenden Grund“, welcher dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 BOÄ ent­spricht. Unterlassungsanträge, die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederho­len, sind grundsätzlich als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen, wenn nicht der Unterlassungsantrag auf die konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (BGH GRUR 2000, 438; BGH GRUR 2002, 77, 78). Die Bezugnahme auf die Empfehlung des eigenen Augenoptikergeschäfts ist dazu ausreichend. Eine weitergehende Konkreti­sierung des Begriffs ist der Klägerin nicht möglich und kann von ihr nicht ver­langt werden, ohne ihr die Durchsetzung ihrer Rechte unzumutbar zu erschweren (zuletzt BGH NJW 2011, 2211, 2213 – Hörgeräteversorgung II).

Es liegt auch kein Fall einer unzulässigen Klageänderung vor. Durch Abänderung des Wortlauts des Klageantrages zu 1 a) in der mündlichen Verhandlung hat die Kläge­rin, ohne den Klagegrund zu ändern, ihre tatsächlichen Ausführungen lediglich berichtigt, vgl. § 264 Nr. 1 ZPO. Die Klägerin hat mit ihrer Berichtigung lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht die Unterlassung der Verweigerung der Heraus­gabe von Unterlagen in Form einer Refraktionsbescheinigung begehrt, sondern viel­mehr die im Rahmen der Refraktionsbestimmung ermittelten Werte Gegenstand des Unterlassungsanspruchs sind. Eine Änderung des zugrundeliegenden Sachverhalts ist darin nicht zu sehen. Vielmehr hat die Klägerin schon in ihrer Klageschrift und der Klageerweiterung verdeutlicht, dass es um die Verweigerung der Aushändigung von Werten, nicht um ihre Bescheinigung gehe (u.a. Bl. 5, 47 d. A.). Die Berichtigung des Wortlauts der Antragsschrift diente lediglich dazu, dass Gewollte klarer zu fassen, ohne dabei das Klagebegehren zu berühren oder zu verändern (vgl. MüKo/Becker-Eberhard, ZPO, § 263 Rn. 8 f.).

Entgegen der Auffassung des Beklagten fehlt für den Klageantrag zu 1 a) auch nicht das erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Die Klägerin hat ein schutzwürdiges Inte­resse daran, dass dem Beklagten das gerügte Verhalten zukünftig untersagt wird. Sie beanstandet sein Verhalten aus Gründen des Wettbewerbsrechts. Dazu ist nicht, wie der Beklagte meint, die Beantwortung der Frage maßgeblich, ob er als Arzt über­haupt dazu verpflichtet ist, seinen Patienten Refraktionswerte mitzuteilen. Vielmehr kommt es entscheidend darauf an, ob die Verweigerung in Verbindung mit der geäußer­ten Begründung, warum die Werte nicht herausgegeben werden, wettbewerbs­rechtlich zulässig ist.

II. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung in dem mit den Anträgen zu 1 a) und b) geltend gemachten Umfang.

1. Ein Anspruch auf Unterlassung des in dem Antrag zu 1 a) gerügten Verhaltens des Beklagten ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 1 UWG.Der Beklagte nimmt durch sein Verhalten eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 1 UWG vor. Unlauter handelt danach, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Aus­übung von Druck, in menschenverachtender Weise oder durch sonstigen unangemes­sen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte, wie er es unstreitig gegenüber Kassenpatienten nach Durchfüh­rung einer Refraktionsbestimmung immer tut, auch gegenüber den Patientinnen D. und E. die Angabe der nach der Refraktionsbestimmung ermittel­ten Werte mit der Begründung verweigert hat, er gebe diese nicht heraus, wenn sie bei einem anderen Augenoptikergeschäft als dem eigenen zum Zwecke des Kaufs einer Korrektionsbrille vorgelegt werden sollen. Hierdurch übt er unzulässi­gen Druck aus und nimmt in unangemessen unsachlicher Weise Einfluss auf seine Patienten und beeinträchtigt ihre Entscheidungsfreiheit. Im Einzelnen:Verbraucher im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG sind in diesem Fall die Patienten (OLG Düssel­dorf NZS 2010, 451,452).Die Verweigerung der Herausgabe der Refraktionswerte mit der gerügten Begrün­dung stellt eine geschäftliche Handlung des Beklagten dar. Es liegt ein relevanter Marktbezug vor. Aufgrund des Zusammenhangs mit dem Erwerb einer Brille in dem A. ist in der Aussage des Beklagten eine Handlung zu sehen, die ihrer Art nach auf die Marktteilnehmer einwirkt und damit das Marktgeschehen beeinflussen kann (vgl. Köhler, in Köhler/Bornkamm, UWG, § 2 Rn. 35). 

Der Beklagte übt durch sein Verhalten Druck auf seine Patienten aus. Unter Druck ist die Zufügung oder Androhung von Nachteilen wirtschaftlicher, gesellschaftlicher oder sonstiger Natur zu verstehen, wozu auch der Entzug von bisher gewährten Vorteilen gehört (OLG Stuttgart GRUR-RR 2008, 429, 434). Der durchschnittliche Patient sieht sich, wenn er mit der gerügten Begründung von dem Beklagten zurückgewiesen wird, in einer Zwangslage. Er muss sich entschei­den, entweder eine Brille im A. oder bei einem anderen Augenoptiker zu kaufen. Im letzteren Fall werden ihm jedoch – unstreitig – nicht die vom Beklagten ermittelten Refraktionswerte mitgeteilt. Auf die Frage, ob der Beklagte als Arzt verpflichtet ist, den Patienten die Refraktions­werte mitzuteilen, kommt es nicht an. Die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit sei­nes Verhaltens beruht auf dem Umstand, dass der Beklagte seinen Patienten den Eindruck vermittelt, sie müssten eine Brille im A. kaufen, wenn sie keine Nachteile erleiden wollten. Nicht die bloße Verweigerung der Herausgabe der Refraktions­werte, sondern die Verweigerung mit der gerügten Begründung führt zu einer unzulässi­gen Beeinflussung des Patienten. Unerheblich ist die Behauptung des Beklagten, er weise die Patienten darauf hin, dass zum Zwecke des Kaufs einer Korrektionsbrille eine Refraktionsbestimmung nicht vorgelegt werden müsse. Für den durchschnittlichen Patienten wird dadurch der Eindruck einer nachteiligen Konsequenz nicht beseitigt. Für ihn bleibt das Gefühl, dass mit dem Kauf einer Brille im A. der Vorteil einhergeht, der ihm bei einer ande­ren Entscheidung nicht gewährt würde. Nur bei einem Kauf der Brille im A. ist sicherge­stellt, dass diese mit den durch seinen behandelnden Arzt ermittelten Refrakti­onswerten erstellt wird.Dem Patienten wird die Herausgabe der Werte nicht schlichtweg verweigert. Viel­mehr vermittelt der Beklagte den Eindruck, die Herausgabe bestünde unter der Bedin­gung, nicht zu einem anderen Optiker zu gehen, sondern sich für den Einkauf in seinem Geschäft zu entscheiden.Diese Beeinflussung ist dazu geeignet, die Entscheidungsfreiheit des Patienten erheb­lich zu beeinträchtigen. Unter Entscheidungsfreiheit im Sinne des § 4 Nr. 1 UWG ist die Freiheit zu verstehen, eine andere als die vom Handelnden angestrebte geschäftliche Entscheidung zu treffen oder sich anders als vom Handelnden ange­strebt zu verhalten (Köhler, in: Köhler /Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 1.19). Es muss sich so verhalten, dass sich der Verbraucher die ihm angebotene Ware oder Dienstlei­stung ohne Druckausübung entweder überhaupt nicht oder nicht zu diesen Bedingun­gen oder nicht zu dieser Zeit oder jedenfalls nicht bei dem erwerben würde, der sie ihm anbietet (OLG Stuttgart a. a. O., Bl. 434). In diesen Fällen muss die Beeinflus­sung so stark sein, dass der Verbraucher zu einer Entscheidung veranlasst werden kann, die er andernfalls nicht oder jedenfalls nicht so getroffen hätte.Ein durchschnittlicher Patient sieht sich aus den genannten Gründen infolge der Beein­flussung durch den Beklagten nicht mehr in der Lage, eine autonome Entschei­dung über seine geschäftliche Handlung zu treffen. Das Verhalten ist dazu geeignet, dass der Patient eine Brille im A. nur deshalb kauft, weil er nur so sicherstellen kann, dass die Brille auf der Basis der von dem Beklagten als dem behandelnden Arzt ermittelten durchgeführten Refraktionsbestimmung erstellt wird. Die gemäß § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr ist gegeben, da der Beklagte die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung trotz der Verletzung des Wettbewerbsrechts verweigert hat.

2. Der Anspruch auf Unterlassung des in dem Antrag zu 1 b) gerügten Verhaltens des Beklagten ergibt sich aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34 Abs. 5 BOÄ. Die Regelung des § 34 Abs. 5 BOÄ ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (BGH NJW 2011, 2211, 2213; BGH GRUR 2009, 977, 978). Es liegt eine unzulässige Handlung des Beklagten im Sinne des § 34 Abs. 5 BOÄ vor. Nach dieser Vorschrift ist es Ärzten nicht gestattet, Patientinnen und Patienten ohne hinreichenden Grund auf eine bestimmte Apotheke, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen zu verweisen. Zu den Anbietern gesundheitlicher Leistungen zählen auch Augenoptiker (BGH GRUR 2009, 977, 978). Entgegen der Ansicht des Beklagten hat dieser die Patienten an sein Augenoptikergeschäft verwiesen. Sein Hinweis „man möge sich zu nichts verpflichtet fühlen“ steht dem gerade nicht entgegen.

Unter „Verweisen“ im Sinne des § 34 Abs. 5 BOÄ ist nicht bloß eine verbindliche Überwei­sung des Patienten durch den Arzt zu verstehen. Schon der Wortlaut der Überschrift der Vorschrift verdeutlicht, dass auch Empfehlungen von der Regelung umfasst sind. Sinn und Zweck des § 34 Abs. 5 BOÄ ist es, die unbeeinflusste Wahlfrei­heit des Patienten in Bezug auf Apotheken, Geschäfte und Anbieter gesundheitli­cher Leistungen zu gewährleisten (BGH NJW 2011, 2211, 2213). Die Wahlfreiheit ist schon dann beeinträchtigt, wenn der Arzt dem Patienten von sich aus einen bestimmten Erbringer gesundheitlicher Leistungen nahelegt oder auch nur em­pfiehlt (BGH a. a. O.). Ob dies auch für Fälle gilt, in denen ausdrücklich um eine Empfeh­lung gebeten wurde, braucht nicht entschieden zu werden. Schon nach dem eigenen Vortrag des Beklagten ergeht der Hinweis auf das eigene Geschäft grundsätz­lich an Patienten, bei denen eine Refraktionsbestimmung durchgeführt wurde (Bl. 35 d. A.).Soweit der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 21.12.2011 ausführt, dass er „keinen einzigen Patienten an das eigene Optikergeschäft „verweist““, tritt er offensichtlich nur der Bewertung seines Verhaltens als Verstoß gegen § 34 Abs. 5 BOÄ entgegen. Mit dem Hinweis auf sein eigenes Augenoptikergeschäft aber empfiehlt er seinen eigenen Patienten dieses Geschäft. Durch sein Angebot, den Patienten dieses Ge­schäft durch Mitarbeiter zeigen zu lassen, legt er ihnen einen Besuch nahe. Es bleibt gerade nicht dabei, dass der Beklagte seinen Patienten bloße Informationen über seine Tätigkeit und seinen Betrieb vermittelt. Vielmehr bietet er zusätzlich aktive Mit­hilfe beim Aufsuchen und Kennenlernen der Geschäftsräume an. Durch den Hinweis auf die Möglichkeit, frei darüber entscheiden zu können, ob der Patient bei der A. eine Brille kauft oder nicht, wird die Empfehlung des eigenen Geschäfts nicht abgeschwächt, sondern im Ergebnis noch verstärkt. Der Beklagte nennt keine Alternative zu dem A., sondern stellt ausschließlich sein eigenes Ge­schäft als nennenswert- und damit empfehlenswert dar. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es unerheblich, dass es sich nicht um den Optiker eines Dritten, sondern seinen eigenen Betrieb handelt. Sinn und Zweck von § 34 Abs. 5 BOÄ sprechen für das Gegenteil. Die ärztliche Schlüsselrolle und das dem Arzt entgegen gebrachte Vertrauen darf nicht dazu missbraucht werden, eigene wirt­schaftliche Interessen zu verfolgen (Scholz, in: Spickhoff, Medizinrecht, 2011, § 34 MBO Rn. 8). Eine solche Gefahr ist in Fällen, in denen der Arzt unmittelbar auf sei­nen eigenen Betrieb verweist, nicht unerheblich größer als bei einer bloß mittelbaren Beteiligung an dem Geschäft eines Dritten. Es besteht auch kein hinreichender Grund, der es rechtfertigen würde, die Patienten im Einzelfall auf das eigene Geschäft hinweisen zu dürfen. 

Ein hinreichender Grund kann nicht nur aus medizinischen Gründen indiziert sein. Zu den weiteren hinreichenden Gründen können u.a. die bessere Eignung des Anbie­ters, die Qualität der Versorgung und schlechte Erfahrungen mit einem Konkurrenten zählen. Auch Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte wie niedriger Preis und die Vermei­dung von Wegen, insbesondere für Gehbehinderte (so BGH NJW 2002, 962 – Hörgeräte­versorgung I) zählen dazu. Der Beklagte hat einen hinreichenden Grund im Einzelfall jedoch nicht dargelegt. Als Ausnahme zu dem generellen Verbot von Verweisungen an Anbieter gesundheitli­cher Leistungen trifft den Beklagten nach den allgemeinen Darlegungsregeln die Pflicht, einen hinreichenden Grund im Einzelfall zumindest darzulegen. Die pauscha­len Verweise auf die sich aus der Mehrfachqualifikation des Beklagten ergebenden Vorteile und die bloße Nennung der für den Einzelfall anerkannten Gründe ist dazu nicht ausreichend. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Beklagten angeführten Entscheidung „Hörgeräteversorgung I“. Diesem Urteil lag ein Klagean­trag zugrunde, nach dem der beklagten HNO-Ärztin generell untersagt werden sollte, bestimmte Handlungen zu Wettbewerbszwecken vorzunehmen. Gleiches gilt für den Sachverhalt der benannten Entscheidung des OLG Celle (13 U 118/06). Ein generelles Unterlassungsverlangen liegt diesem Rechtsstreit nicht zugrunde. Beim Vorliegen eines hinreichenden Grundes sieht der Klageantrag in Übereinstim­mung mit § 34 Abs. 5 BOÄ die Zulässigkeit einer Verweisung vor. Einen konkreten Grund dafür, warum er an sein Optikergeschäft verwiesen hat, benennt der Beklagte jedoch nicht.

3. Die Klägerin kann von dem Beklagten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG auch Erstat­tung der Abmahnkosten verlangen. Die von ihr geltend gemachte Pauschale von 208,63 € ist von der Rechtsprechung allgemein anerkannt (Köhler, a. a. O., § 12 Rn. 1.98 m.w.N.).Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung der Prozesszinsen seit dem 20.01.2011 gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 Satz 1 ZPO.

Streitwert: 40.200,00 Euro.