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OLG Stuttgart: 0800-RECHTSANWALT

Leitsätzliches

Die Werbung mit der Vergabe der persönlichen Rufnummer 0800-RECHTSANWALT, einer sog. "Vanity Number", an Angehörige des Rechtsanwaltsberufes bereitet wettbewerbswidriges Verhalten vor bzw. fördert dieses. Sie ist rechtswidrig nach § 43 b Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), da es dabei nicht um sachliche Informationen über die Berufstätigkeit, sondern um die Ausnutzung technischer Möglichkeiten der Werbung geht, die zu einer Alleinstellung führt.

OBERLANDESGERICHT STUTTGART

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 2 U 52/99

Entscheidung vom 22. Oktober 1999

 

 

 

In dem Rechtsstreit

 

(...)

 

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 06. August 1999

 

unter Mitwirkung der Richter (...)

 

für R E C H T erkannt

 

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 26.02.1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor Ziff. 1 wie folgt ergänzt wird:

 

"...wenn der Adressat der Werbung oder der Nachfrager einer solchen persönlichen Rufnummer/Vanity Nummer Angehöriger des Rechtsanwaltsberufes ist."

 

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

 

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 11.000,- DM abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Die Sicherheiten können auch durch unwiderrufliche, unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische schriftliche Bürgschaft einer deutschen Bank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

 

Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: 50.000,-DM.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Kläger sind drei zu einer Sozietät verbundene Rechtsanwälte in Geislingen. Sie verlangen von der Beklagten nach § 1 UWG, es zu unterlassen, sog. Vanity Numbers mit der Belegung "Rechtsanwalt" o.ä. zu bewerben zu vergeben oder Zuteilungsanträge bei der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post zu stellen, weil die Beklagte damit ein wettbewerbswidriges Verhalten Dritter initiiere bzw. fördere, sodass sie selbst auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne. Bei den Vanity Numbers (im folgenden VN), die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (s. Bl. 31 ff) vergeben werden, handelt es sich um einen sog. Mehrwertdienst im Telekommunikationsbereich, bei welchem einer bestimmten entgeltfreien und bundesweit nur einmal vergebenen Nummer, die mit der Vorwahl 0800 beginnt, ein bestimmtes Schlagwort zugeordnet ist, sodass bei Eingabe von dessen Buchstaben über die Telefon Zifferntasten (jeder Zifferntaste sind drei bis vier Buchstaben des Alphabets zugeordnet) die Gesprächsverbindung mit dem Schlagwort zugeordneten Anschlussinhaber zustande kommt. Die Wortlänge ist auf 7 Buchstaben bzw. Ziffern begrenzt.

 

Die Beklagte, handelnd durch ihre Niederlassung Ulm, hat im an den Kläger Ziff. 1 gerichteten Schreiben vom 16.06.1998 (K 1, Bl. 6/7) diese Dienstleistung unter dem Betreff "Wer zuerst kommt, verschafft sich Vorteile" angeboten und die dortigen zwei Vorschläge "CPWoerner" und "Rechtsanwalt" als Beispielsfälle unterbreitet ("Der erste Vorschlag ist die Umsetzung Ihres Namens, der zweite ist die Umsetzung Ihrer Branche") und mitgeteilt, "Rechtsanwalt" sei leider schon vergeben. Darüber hinaus hat sie angeboten zu überprüfen, ob ein vom Kläger Ziff. 1 etwa gewünschtes Schlagwort/Hauptprodukt unter einer VN erreichbar wäre ("Bitte teilen Sie uns Ihre Wünsche mit") (Bl. 7).

 

Auf die Abmahnung der Kläger (K 2) wies sie den Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes zurück mit dem Bemerken, solche VN würden grundsätzlich von der Regulierungsbehörde, nicht von ihr, vergeben. Ihr stehe lediglich ein bestimmtes, von der Behörde erworbenes Kontingent an VN zur Verfügung, nur dieses könne sie direkt an ihre Kunden vergeben. Daneben übernehme sie als Serviceleistung "die Beauftragung von VN bei der Regulierungsbehörde" (K 3, Bl. 10/11). Das aufrechterhaltene Unterlassungsverlangen der Kläger laut Anl. K 4 beantwortete die Beklagte mit Schreiben vom 21.12.1998, mit dem sie die Bewerbung und Vergabe von 0800-Nummem mit der Belegung "Rechtsanwalt, Anwalt, Anwaltskanzlei oder Rechtsanwaltskanzlei" leugnete (K 5. Bl. 15).

 

Die Kläger haben vorgetragen, sie seien eine überregional tätige Anwaltskanzlei. Eine VN, die sich aus der Belegung mit den Begriffen "Rechtsanwalt, Anwalt, Anwaltskanzlei oder Rechtsanwaltskanzlei" ergebe, dürfe von der Beklagten weder beworben noch vergeben oder vermittelt werden, weil dies eine wettbewerbswidrige alleinige Inanspruchnahme durch den oder die begünstigten Anwälte zur Folge habe. Wenn ein einziger Anwalt/Anwaltskanzlei sich telefonische Erreichbarkeit unter solchen Oberbegriffen verschaffe, lege er/sie sich unzulässig eine Alleinstellung bei. Da die Beklagte durch ihr Vorgehen, wie mit Anl. K 1 geschehen, diese Wettbewerbswidrigkeit in Wettbewerbsabsicht initiiere und fördere, sei sie selbst unterlassungspflichtig.

 

Die Kläger haben zuletzt beim Landgericht beantragt:

 

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 50.000,- DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

 

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Persönliche Rufnummer (PR) Vanity Number mit einer Dienstkennzahl, insbesondere 0800, in Verbindung mit den Teilnehmerrufnummern in Form der Belegung "Rechtsanwalt", "Anwalt", "Anwaltskanzlei" oder "Rechtsanwaltskanzlei" in der Bundesrepublik Deutschland zu bewerben, zu vergeben oder entsprechende Anträge bei der Regulierungsbehörde auf Zuteilung dieser persönlichen Rufnummern/Vanity Numbers zu stellen.

 

Die Beklagte hat

 

Klageabweisung beantragt.

 

Sie hat bestritten, dass ein Wettbewerbsverstoß eines Dritten eingeleitet werde, an dem sie teilnehme. Angeboten habe sie nur die Zuordnung des Begriffes "Rechtsanwalt" nicht "Anwalt" oder "Rechtsanwaltskanzlei". Da für die Vergabe der VN nur die Regulierungsbehörde zuständig sei, könne allenfalls diese in Anspruch genommen werden, sodass der Unterlassungsantrag bezüglich, "vergeben" zu weit gehe. Dass die Begriffe "Rechtsanwalt etc" bereits vergeben seien, werde bestritten. Auch habe sie die VN nicht "beworben", sondern lediglich das System erläutert. Dass Dritte mit der Inanspruchnahme solcher VN gegen Wettbewerbsrecht verstießen, treffe nicht zu, und daraus folge, dass auch sie selbst nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe und es an irgendeinem Förderungsbeitrag ihrerseits fehle. Da die Kläger selber eine solche VN erhalten könnten, würden sie in ihrer Wettbewerbsposition nicht gestört.

 

Somit fehle es an der für einen Unterlassungsanspruch notwendigen Wiederholungsgefahr. Darüber hinaus aber bestehe auch keine Erstbegehungsgefahr. Ihren Prozessvortrag halte sie ausschließlich zu Zwecken der Rechtsverteidigung.

 

Sie sei, falls auf Seiten eines Rechtsanwaltes ein Verstoß gegen Standesrecht vorliege, nicht selber Störer. Die Kläger könnten und müssten gegen unmittelbare Störer oder gegen die vergebende Regulierungsbehörde, vorgehen.

 

Außerdem hat die Beklagte den gestellten Unterlassungsantrag aufgrund der Wendung "z.B." für nicht hinreichend bestimmt gehalten.

 

Die Kläger haben daraufhin umgestellt auf "insbesondere 0800"(s. Bl. 38).

 

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt mit Ausnahme des Schlagwortes "Anwalt". Der Unterlassungsanspruch folge aus §§ 1, 13 IV UWG. Die Beklagte handele zu Zwecken des Wettbewerbs, indem sie das wettbewerbswidrige Verhalten eines Dritten, i.e. eines konkurrierenden Anwaltes, bewusst fördere. Die Nutzung der mit Berufsbezeichnung belegten VN durch einen Rechtsanwalt sei nach den Grundsätzen des § 43 b BRAO rechtswidrig, da es dabei nicht um eine sachliche Information über die Berufstätigkeit, sondern um die Ausnutzung technischer Möglichkeiten der Werbung gehe, die zu einer Alleinstellung führten. Mit ihrem Werbeschreiben K 1 habe die Beklagte zu solcher Wettbewerbswidrigkeit verleitet. Da sie auch Werbung für ein solches System betrieben habe, müssten die Kläger nicht abwarten, bis es zu einem tatsächlichen Wettbewerbsverstoß eines konkurrierenden Rechtsanwaltes komme. Soweit es um den Begriff "Rechtsanwalt" gehe, bestehe aufgrund Anl. K 1 Wiederholungsgefahr, und für die Begriffe "Anwaltskanzlei" und "Rechtsanwaltskanzlei" bestehe Erstbegehungsgefahr. Anders verhalte es sich allein beim Begriff "Anwalt" da dieser nicht einer notwendigerweise 7-stelligen Nummer zuzuordnen sei.

 

Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

 

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Antrag auf Klagabweisung weiter. Das Landgericht habe wesentlichen Sachvortrag der Beklagten unbeachtet gelassen und im übrigen gegen "eherne wettbewerbsrechtliche Grundsätze" verstoßen.

 

Missachtet habe das Landgericht ihren Vortrag, dass die Kompetenz für die Vergabe der VN allein bei der Regulierungsbehörde liege. Verkannt worden sei vom Landgericht außerdem, dass keine Verpflichtung bestehe, eine zugeteilte VN tatsächlich zu benutzen. Schon daraus folge, dass der Unterlassungsantrag im Hinblick auf das "Vergeben" unbegründet sei. Zwar stehe ihr ein bestimmtes Kontingent an VN, zur Verfügung. Sie habe aber nicht das Schlagwort "Rechtsanwalt" vergeben. Ob es von der Regulierungsbehörde vergeben worden ist könne von der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Mitteilung in ihrem Schreiben vom 16.06.1998 (K 1, S. 2 "Leider schon vergeben") könne keine Grundlage dafür bieten, dass sie diesen Begriff vergeben habe. Es habe sich dabei nur um Beispielsfälle gehandelt. Dasselbe gelte für die Begriffe "Anwaltskanzlei" und "Rechtsanwaltskanzlei", sodass auch insofern keine Wiederholungsgefahr begründet worden sei.

 

Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass sie zu einer Wettbewerbswidrigkeit Dritter verleite oder dieselbe fördere, denn das Schreiben vom 16.06.1998 sei allein an den Kläger Ziff. 1 gerichtet gewesen. Im übrigen müsse es sich bei einem solchen Driften um einen Konkurrenten des Klägers handeln.

 

Soweit der Begriff "Rechtsanwalt" schon vergeben sei, fehle es an irgendeiner Mitwirkungshandlung der Beklagten und einer Möglichkeit ihrerseits, dies zu verhindern. Insoweit fehle es auch am Vortrag der Kläger dazu, dass eine solche Verletzungshandlung bevorstehe. Abgesehen hiervon reiche es für die Beseitigung einer Erstbegehungsgefahr aus, dass der ernsthafte Wille, diesen Begriff nicht zu vergeben, erklärt werde. Soweit es um die Begriffe "Rechtsanwalt" und "Rechtsanwaltskanzlei" gehe, sei die zuzuordnende Rufnummer in beiden Fällen identisch, da nur 7 Stellen vergeben würden. dies müsse zur Konsequenz haben, den Unterlassungsantrag weiterhin teilweise abzuweisen.

 

Ein gegen sie gerichteter Unterlassungsanspruch scheitere auch daran, dass es Sache des jeweiligen Teilnehmers sei, ob eine VN tatsächlich verwendet werde. Hiervon abgesehen, seien vielfache Nutzungen dieses Mehrwertdienstes denkbar, in denen die Kläger überhaupt nicht tangiert würden, so z.B., wenn die Begriffe "Rechtsanwalt etc." nebst entsprechender VN einer Rechtsanwaltskammer zugeteilt würden, damit diese ein Anwaltsverzeichnis verbreiten könne. Eine wettbewerbsrechtliche Beeinträchtigung der Kläger wäre erst gegeben, wenn konkurrierende Rechtsanwälte eine VN mit den beanstandeten Begriffen erhalten hätten.

 

Die Beklagte vertritt auch die Ansicht, dass Rechtsanwälte mit der Zuteilung einer VN nicht gegen § 43 b BRAO verstoßen würden, jedenfalls aber sie, die Beklagte, zu einem Verstoß keinen adäquat-kausalen Beitrag leiste. Soweit das Landgericht angenommen habe, dass jemand "blind" den Begriff "Rechtsanwalt", ins Telefon eintippen könne, liege dies jenseits aller Lebenserfahrung. Es verbleibe dabei, dass richtiger Adressat eines Unterlassungsanspruches die Regulierungsbehörde sei, ihr gegenüber aber hätten die Kläger keinerlei Beanstandungen erhoben.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Landgerichts abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

 

Die Kläger beantragen,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigen das Urteil als richtig. Insbesondere bekräftigen sie ihr Vorbringen im Hinblick auf das Verbot des "Vergebens", da die Beklagte laut Schreiben vom 06.07.1998 (K 3, Bl. 10 f.) doch ein eigenes Kontingent an VN zu vergeben habe. Demgemäss habe das Landgericht nicht aufgrund eines fiktiven Sachverhaltes, sondern auf der Basis des Schreibens der Beklagten vom 16.06.1998 zutreffend geurteilt, selbst wenn die Beklagte die zu vergebenden Begriffe lediglich als Beispiele bezeichnet habe.

 

Zu Recht habe das Landgericht es so angesehen, dass die Beklagte zielgerichtet das wettbewerbswidrige Verhalten eines Dritten fördere bzw. dazu verleite. Aus der Sicht des Empfängers des Schreibens vom 16.06.1998 handele es sich bei diesen Dritten um konkurrierende Rechtsanwälte. Die Beklagte möge erklären, ob sie ein entsprechendes Schreiben auch an andere Rechtsanwälte verschickt habe. Ihre Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, stelle die Beklagte zu Unrecht in Abrede; die Absicht ergebe sich ohne weiteres auch aus entsprechender Werbung auf den Umschlagseiten des Telefonbuchs. Es verbleibe dabei, dass Sinn und Zweck des Schreibens vom 16.06.1998 allein und gerade darin gelegen hätten, dem Angesprochenen durch das Angebot einer VN eine Alleinstellung unter dem jeweiligen Oberbegriff zu verschaffen. Dies aber verstoße offensichtlich gegen das Freihaltebedürfnis, das solchen Oberbegriffen zukomme, sodass eine so belegte, bundesweit einmalige Rufnummer nicht zugeordnet werden dürfe.

 

Im weiteren Schriftsatz vom 03.08.1999 repliziert die Beklagte (Bl. 122 ff):

 

Sie könne aus ihrer Datenbank erkennen, welche VN von der Regulierungsbehörde zugeteilt worden seien. Weiter könne sie, sofern die VN von ihr geschaltet worden sei, erkennen, an wen die Zuteilung erfolgt sei (Beweis: Zeugnis Krohn, Bl. 123). Hinsichtlich der dem Begriff "Anwaltskanzlei" entsprechenden VN habe sie festgestellt, dass diese am 23.10.1997 zugeteilt worden sei, sie könne aber "nicht nachvollziehen", wer Inhaber dieser Rufnummer ist. Wer aber diese VN wähle, gelange nicht zu einer Anwaltskanzlei, vielmehr ertöne der Hinweis "Keine Verbindung unter dieser Telefonnummer".

 

Bezüglich der den Begriffen "Rechtsanwalt" und "Rechtsanwaltskanzlei" zugeordnete (7-stelligen und deshalb gleichen) Nummer, die von der Regulierungsbehörde am 08.10.1.997 zugeteilt worden sei, sei die Schaltung in das Netz der Beklagten am 01.02.1998 erfolgt und Inhaber sei eine Firma Neutrino Handels GmbH in Berlin. Dabei handle es sich nicht um einen Wettbewerber der Kläger. Im übrigen erhalte man bei Anwahl dieser Nummer die Information "Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar. Bitte rufen Sie später wieder an". Da die Zuteilung an einen Nicht-Wettbewerber der Kläger erfolgt sei und nach den Zuteilungsregelungen eine Übertragung der VN auf andere Teilnehmer nicht zulässig sei (Bl. 31 ff, Ziff. 6 c), liege kein Wettbewerbsverstoß vor, an dem die Beklagte mitgewirkt hätte; auch fehle es an einer konkreten Erstbegehungsgefahr.

 

Im übrigen könne "bei der Beklagten nicht festgestellt werden, dass sie bei der Vergabe der beiden genannten Rufnummern, etwa in Form der Weiterleitung. eines Zuteilungsantrages an die Regulierungsbehörde, mitgewirkt hat" (Beweis: Zeugnis Krohn. Bi. 124 f).

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Obwohl die Beklagte im Verlauf der vorgerichtlichen Korrespondenz und auch im Prozess selbst mehr und mehr von dem abgerückt ist, was sie in ihren den Auslöser des Streites bildenden Schreiben vom 16.06.1998 und 06.07.1998 (K 1 und K 3) an den Kläger Ziff. 1 erklärt hat, ist doch von einem Sachverhalt auszugehen, der die nicht ausgeräumten Begehungsgefahren für die Vornahme der im neu gefassten Tenor umschriebenen, nach §§ 1, 13 IV UWG i.V.m. § 43 b BRAO wettbewerbswidrigen Handlungen begründet hat.

 

1. Die Beklagte ist für alle Verbotsalternativen des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs passivlegitimiert. Ihre Einstandspflicht für das Personal der handelnden Niederlassung Ulm folgt aus § 13 IV UWG.

 

a) Für die Verbotsalternative des Bewerbens von mit den Begriffen "Rechtsanwalt" etc. belegten VN gegenüber Rechtsanwälten hat die Beklagte durch den Vorgang Anl. K 1 Begehungsgefahr begründet. Sie hat in diesem Schreiben die relativ neuartige Möglichkeit des Erwerbs einer VN vorgestellt und deren Vorteile unter Nennung des Vorschlags "Rechtsanwalt" mit dem Hinweis darauf angepriesen, dass der Inhaber einer VN sich die Möglichkeit verschafft, dass interessierte Anrufer über die Eingabe eines Namens, insbesondere aber eines relativ weit gefassten Gattungs-, Branchen- oder Berufsgruppenbegriffs telefonischen Kontakt zu einem bestimmten einzelnen Branchen- bzw. Berufsangehörigen herstellen können. Dieses Verhalten erfüllt ohne weiteres den Begriff des Bewerbens. Die Versendung an den Kläger Ziff. 1 legt auch die Besorgnis nahe, dass die Beklagte ähnliche Werbeschreiben an weitere Rechtsanwälte versandt hat bzw. künftig versenden könnte. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger Ziff. 1 nur sich selber und nicht weitere Rechtsanwälte als Adressaten solcher Schreiben in der Region der Niederlassung Ulm benennen kann. Auch wenn es sich um eine eigenmächtige Aktion einer regionalen Niederlassung gehandelt haben sollte, legen die in Anl. K.1 unterbreiteten Vorschläge doch nahe, dass weitere Rechtsanwälte unter Hinweis auf ihre Berufsbezeichnung angesprochen worden sein könnten oder dies künftig geschehen könnte. Dies gilt zumal deshalb, weil die VN als für den Anrufer kostenlosen Dienst gerade für solche Berufsgruppen, zu denen Rechtsanwälte gehören, von Interesse sind, deren Beauftragung häufig ein telefonischer Erstkontakt vorausgeht.

 

b) Im Hinblick auf das Vergeben von VN leugnet die Beklagte ihre wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit zu Unrecht mit Hinweis darauf, dass die Vergabe der VN in die Kompetenz der Regulierungsbehörde falle und im System ihre eigene Aufgabe allein darin bestehe, von der Behörde zugeteilte VN in ihr Netz zu schalten. Aus ihrem eigenen Schreiben Anl. K 3, Bl. 10 f, ergibt sich aber, dass sie "ein bestimmtes, von der Behörde erworbenes Kontingent an VN zur Verfügung" hat, das sie direkt an Kunden vergeben kann. Dies rechtfertigt die Verbotsalternative "Vergeben", und zwar ohne dass es der Feststellung dazu bedarf, ob in ihrem Kontingent von Nummern bereits die Möglichkeit steckt, den Begriff "Rechtsanwalt" oder ähnliches zuzuordnen. Bereits die Mitteilung, es bestehe ein eigenes Kontingent, kann die ernsthafte Befürchtung wecken, dass die Beklagte den Begriffen "Rechtsanwalt" etc. entsprechende Nummern vergeben kann. Zwar mag dies speziell in bezug auf "Rechtsanwalt" dadurch ausgeschlossen sein, dass in Anl. K 1 geschrieben wurde "Rechtsanwalt leider schon vergeben". Da dieser Begriff aber nach eigenem Vortrag der Beklagten nur ein Beispiel war und ohne weiteres z. B. "Anwaltskanzlei" gewählt werden konnte und die Beklagte jedenfalls zu erkennen gegeben hat, dass sie bereit sei, solche Begriffe zu vergeben oder zu vermitteln, insbesondere zu erkennen gegeben hat, dass dies bei "Rechtsanwalt" tatsächlich schon geschehen sei, ist für den Kläger Ziff. 1 die ernsthafte Besorgnis entstanden, dass die Beklagte, wenn man nicht sofort zugreife, dieses Schlagwort bzw. die entsprechende VN an einen anderen Anwalt vergeben oder vermitteln könnte. Dies gilt zumal deshalb, weil die Beklagte sich des weiteren in Anl. K 3 auf den Standpunkt gestellt hat, dass in der Vorgabe bzw. Vermittlung keine Wettbewerbswidrigkeit liege.

 

Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Möglichkeit und Befürchtung auszuräumen und weiterhin auszuräumen, dass sie ihr Vorratskontingent ausweiten und damit die Möglichkeiten eigener verbotener Vergaben ausdehnen könnte. Ihrer Haftung insoweit steht auch nicht ihr Vortrag in der Replik Bl. 122 ff entgegen. Dass sie "nicht nachvollziehen" kann, wer Inhaber der dem Begriff "Anwaltskanzlei" zuzuordnenden VN ist und dass unter dieser VN keine Verbindung aufgebaut wird, schließt nicht aus, dass von der einmal geschaffenen Möglichkeit künftig doch Gebrauch gemacht werden könnte. Nichts anderes gilt hinsichtlich der VN "Rechtsanwalt" bzw. "Rechtsanwaltskanzlei". Auch diese ist vergeben und ins Netz der Beklagten geschaltet. Dass Inhaber eine Firma Neutrino Handels GmbH ist, beseitigt, auch wenn man die Unübertragbarkeit und 6-monatige Sperrung einer zurückgegebenen VN gem. dem Regelwerk B 1. Bl. 31 ff berücksichtigt, nicht die Möglichkeit, dass über diesen aktuellen Inhaber mittelbar ein Kontakt mit einem Rechtsanwalt zustande kommen kann. Dass sich dort derzeit nur ein Anrufbeantworter meldet, ändert ohnehin nichts.

 

Die durch das in Anl. K 3 mit Anl. K 1 unterbreitete Angebot der Vorgabe von Kontingent-Nummern ausgelöste Besorgnis erstreckt sich auch darauf, dass künftig ein entsprechendes Angebot auch weiteren Rechtsanwälten im Bereich der Region der Niederlassung Ulm unterbreitet werden könnte. Insoweit gilt das oben zu a) Ausgeführte hier entsprechend.

 

Wegen dieser Begehungsgefahr beschränkt sich die Unterlassungspflicht der Beklagten nicht nur darauf, für die Vergabe von VN für Rechtsanwälte zu werben, sondern das Verbot kann und muss sich auch auf solche Vergaben selbst erstrecken.

 

Für die Verbotsalternative der Stellung/Vermittlung von Zuteilungsanträgen bei der Regulierungsbehörde gilt zur Begehungsgefahr dasselbe wie zu b) ausgeführt. Zwar ist auch hier nicht davon auszugehen, dass die Beklagte die Vergabe einer dem Begriff "Rechtsanwalt" u.ä. entsprechenden VN tatsächlich bei der Behörde schon vermittelt hat. Bereits ihre Werbung für diese Dienstleistung begründet aber die naheliegende Gefahr, dass sie dies tun könnte und tun werde.

 

2. Die sonach durch die Schreiben Anl. K 1 und K 3 für die Verbotsalternativen geschaffene Wiederholungsgefahr (oben Ziff. 1 a) und die begründete Erstbegehungsgefahr (oben Ziff. 1 b und c) hat die Beklagte nicht ausgeräumt.

 

Die Wiederholungsgefahr hätte nach st. Rspr. ohnehin nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beseitigt werden können (z.B. BGH GRUR 1993, 53 ff -Ausländischer Inserent); eine solche hat die Beklagte aber trotz der Abmahnungen Anl. K2 und 4, Bl. 8 f, 12 f verweigert. Aber auch die genannten Erstbegehungsgefahren sind bis zuletzt nicht entfallen. Zwar ist anerkannt, dass zur Beseitigung der Erstbegehungsgefahr, wenn sie auf Vorbereitungshandlungen beruht, deren Rückgängigmachung genügen kann. Wenn die Erstbegehungsgefahr auf einer Rechtsberühmung beruht, kann ein glaubhaftes Fallenlassen ausreichen, wofür die eindeutige, uneingeschränkte und ernsthafte Erklärung genügt, die fragliche Handlung nicht vornehmen zu wollen (vgl. BGH GRUR 1992, 116, 117 - Topfgucker-Scheck; GRUR 1992, 404 - Systemunterschiede). Diese Voraussetzungen der Ausräumung der Erstbegehungsgefahr liegen hier, wo die Gefahr auf Vorbereitungshandlungen beruht, nicht vor, sondern diese Gefahr besteht fort. Das weitere Verhalten der Beklagten, insbesondere auch ihre Prozesserklärungen sind nicht geeignet, die Befürchtung zu beseitigen, die Beklagte werde künftig davon Abstand nehmen, die Schlagworte "Rechtsanwalt" etc, bzw. die entsprechenden VN hierfür zu verbreiten, sei es mittels eigener Vergabe von Kontingent-Nummern, sei es durch Vermittlung von Zuteilungsanträgen an die Regulierungsbehörde.

 

Zum einen zeigt der Replik-Schriftsatz Bl. 123f, dass die Erklärungen in K 3, S. 1, beide unteren Absätze, falsch waren. Entgegen den dortigen Behauptungen, die Beklagte habe "0800 Rechtsanwalt" nicht vergeben und könne eine Vergabe durch die Regulierungsbehörde nicht feststellen, wird nun Bl. 124 eingeräumt, dass sowohl die VN "Rechtsanwalt" als auch die VN "Anwaltskanzlei" nicht nur (wenn auch durch die Regulierungsbehörde) tatsächlich vergeben worden sind, sondern darüber hinaus auch ins Netz der Beklagten eingestellt worden sind. Ausweislich der Angaben Bl. 124 ist dies schon längere Zeit vor Abfassung des Schreibens K 3 vom 06.07.1998 geschehen gewesen und von der Beklagten festgestellt worden, nämlich am 23.10.1997 bezüglich Anwaltskanzlei (B1, 123) und bezüglich Rechtsanwalt am 08.10.1997 (Zuteilung) bzw. 01.02.1998 (Einstellung ins Netz, s. Bl. 124). Bei diesem Sachverhalt können die mehrfachen Erklärungen der Beklagten, sie erhebe mit ihrer Prozessverteidigung keine Berühmung, nicht ernst genommen werden. Aufgrund eigener Einräumung steht vielmehr die Unrichtigkeit der Erklärungen Anl. K 3 fest.

 

Darüber hinaus, und dies schließt einen Wegfall der Erstbegehungsgefahr für "Vergeben" und "Vermitteln" vollends aus, können die eingeräumten Vorgänge (Einschaltung ins Netz) sogar als Verletzungshandlungen gewertet werden, denn der Sache nach sind sie zumindest gleichbedeutend mit "Vergeben" und "Vermitteln", eher sogar noch gravierender, weil mit der Einstellung ins Telefonnetz die Mitwirkungshandlung der Beklagten eine noch unmittelbarere ist als die bloße Vergabe/Vermittlung.

 

3. Die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten hat das Landgericht zutreffend darin gesehen, dass die Beklagte wettbewerbswidriges Verhalten von Rechtsanwälten vorbereitet bzw. fördert (s. dazu LGU II lit b und c). Das System der VN führt, wie auch schon die Wortbedeutung nahe legt, zu einer Alleinstellung eines einzelnen Rechtsanwalts oder Rechtsanwaltbüros, die mit den für die Werbung von Rechtsanwälten geltenden Grundsätzen nicht vereinbar ist.

 

a) Anknüpfungspunkt, ist der Verstoß gegen § 43 b BRAO. Dieser liegt in Form einer unzulässigen Alleinstellung dann vor, wenn ein Rechtsanwalt/Rechtsanwaltsbüro sich eine VN unter diesem oder einem ähnlichen Schlagwort/Oberbegriff zulegt. Denn unbestritten bewirkt die diesen Begriffen zugeordnete Rufnummer mit der Vorwahl 0800 aus der Fülle von Rechtsanwälten den direkten Zugang zu einem bestimmten Rechtsanwalt, eben demjenigen, dem diese VN zugewiesen ist. Nach § 43 b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung nur erlaubt soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist. Die letztgenannte Alternative ist hier mit der Zulegung eines privilegierten Zugangs zu Mandaten erfüllt. § 43 b BRAO nimmt die Rspr. auf, die ein unaufgefordertes, direktes Herantreten an potentielle Mandanten als gezielte Werbung um Praxis als wettbewerbswidrig erklärt hat (vgl. BVerfG NJW 1992. 1614). Nicht verboten nach § 43 b BRAO ist zwar mit Serienrundschreiben unaufgefordert an Personen heranzutreten mit dem Ziel, ein Mandatsverhältnis zu begründen. Verboten ist jedoch die Werbung im Einzelfall (Senat NJW 1997, 2525; OLG Frankfurt WRP 1996, 564). Ein Rechtsanwalt darf zwar auch ohne besonderen Anlass in Zeitungen werben, jedoch darf die dortige Angabe von Tätigkeitsschwerpunkten nicht Zusätze enthalten, die geeignet sind ihn gegenüber Berufskollegen herauszustellen, z.B. "rechtliche und steuerliche Beratung im Verbund" (BGH GRUR 1997, 765 Kombinationsangebote). Die Beurteilung, ob gezielte Werbung vorliegt, ist nach dem Eindruck des Publikums vorzunehmen (BVerfG NJW 1976, 171, 184 ff; 196, 205).

 

b) Vor dem Hintergrund dieser - wenn auch gelockerten - Grundsätze muss die Inanspruchnahme einer der Berufsbezeichnung zugeordneten VN durch einen Rechtsanwalt als wettbewerbswidrig beurteilt werden. Nach § 6 der Berufsordnung vom 11.03.1997 muss die Werbung des Rechtsanwalts die Gebote der Berufsbezogenheit und Sachlichkeit achten und sich der Ausrichtung auf einen Einzelfallauftrag enthalten (vgl. Kleine-Cosack NJW 1997, 1257, 1259). Ein grundsätzlicher Ausschluss irgendeines Mediums ist nicht von vornherein vorgesehen.

 

Das System der VN verletzt das Gebot der Sachlichkeit. Mit einer solchen Nummer weist sich ein Rechtsanwalt unter der Vielzahl seiner Berufskollegen einen Vorsprung im Zugang zu Mandaten zu. Der Umstand, dass der Zugang auf einer Initiative dessen beruht, der den Begriff in seine Telefontasten eingibt, kann keine Rolle spielen, maßgeblich ist bereits, dass der Rechtsanwalt sich einer solchen Nummer mit dem Berufsbegriff bedient. Die Situation ist derjenigen vergleichbar, wenn ein Rechtsanwalt sich in einem gedruckten Branchenverzeichnis (das als solches ihm durchaus zulässigerweise zugänglich ist, BGH NJW 1994, 141) blickfangmässig derart übertrieben herausstellen würde, dass andere Einträge von Rechtsanwälten demgegenüber völlig ins Hintertreffen gerieten (vgl. dazu Eylmann in Henssler/Prütting, BRAO, § 43 b Rz. 18 f; vgl. im übrigen auch OLG Nürnberg MDR 1999, 769, das einem Rechtsanwalt untersagt hat über seine Homepage im Internet ein sog. Gästebuch zu veröffentlichen, in das, der Tradition von Gästebüchern folgend, lobende Äußerungen eingetragen werden können).

 

Im übrigen kann auf die Ausführungen zur Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens eines Rechtsanwaltes bei Nutzung einer VN auf LGU S. 10 f., lit c verwiesen werden; der dortigen Beurteilung schließt der Senat sich an.

 

4. Die wettbewerbsrechtliche Einstandspflicht der Beklagten ergibt sich (i.V.m. ihrer Einstandspflicht für das Niederlassungspersonal nach § 13 IV UWG) daraus, dass sie an dieser Wettbewerbswidrigkeit mitwirkt, indem sie sie durch ihre Bewerbung/Angebote vorbereitet und fördert, sogar ausweislich Anl. K 1 dazu auffordert, sich durch Zeitvorsprung die VN zu sichern, was ausdrücklich als Vorteil angepriesen wird. Das begründet den gegen die Beklagte gerichteten Unterlassungsanspruch, als Störerin.

 

Bei der Bewerbung und dem Angebot der VN unter den Bezeichnungen "Rechtsanwalt" etc. handelt die Beklagte zu Zwecken des Wettbewerbs. Ihr Verhalten ist objektiv geeignet und subjektiv - neben dem Ziel des eigenen Absatzes von Mehrwertdienst-Nummern - darauf ausgerichtet, den Wettbewerb unter Rechtsanwälten zu fördern. Indem sie die Nutzung einer VN unter Hervorhebung der Belegung der Berufsgruppenzugehörigkeit und zudem unter besonderer Betonung des Prioritätsprinzips ("Wer zuerst kommt, verschafft sich Vorteile") anpreist, hebt sie darauf ab, dass der Inhaber einer solchen VN sich eine Vorzugsstellung in der Erreichbarkeit durch potentielle Mandanten zulegen kann. In diesem Verhalten manifestiert sich hinreichend deutlich die Absicht Rechtsanwälten ein Instrument anzudienen, mittels dessen sich diese im Wettbewerb untereinander Vorteile verschaffen können. Es ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erforderlich, dass einem Konkurrenten der Kläger eine den Schlagwörtern "Rechtsanwalt" etc. entsprechende VN bereits zugeteilt und sie ins Netz gestellt ist oder gar ein Konkurrent tatsächlich im Wege eigener Werbung von einer solchen VN Gebrauch macht. Wie oben Ziff. 1 b) und c) ausgeführt, besteht aufgrund der Anl. K 1. und K 3 für die Verbotsalternativen der Vergabe und der Vermittlung die Begehungsgefahr nicht nur in bezug auf den tatsächlich angeschriebenen Kläger Ziff. 1, sondern in bezug auf weitere Rechtsanwälte oder Kanzleien. Diese Gefahr weiterer Begehungen muss konsequenterweise dazu führen, dass den Klägern der auf die Ansprache ihrer Konkurrenten gerichtete Verbietungsanspruch bereits im Vorfeld zusteht. Ihr Schutzinteresse wäre nicht gewahrt, wenn sie darauf angewiesen wären, weitere Versendungen der Beklagten an konkurrierende Berufskollegen oder gar die dortige Einrichtung einer dem Verbot entsprechenden VN abzuwarten.

 

Die Störerhaftung der Beklagten kann auch nicht daran scheitern, dass ihr durch die in bezug auf Rechtsanwälte ausgesprochenen Verbote unzumutbare Prüfungspflichten auferlegt würden. Zwar gehen die der Beklagten auferlegten Verbote auf die Verletzung standesrechtlicher Verhaftenspflichten zurück, denen die Beklagte selber nicht unterliegt. Dies schließt jedoch die Störerhaftung nicht grundsätzlich aus, zu beachten ist aber, dass mit Hilfe der Störerhaftung die einen Normadressaten treffende Pflicht nicht über Gebühr auf unbeteiligte Dritte erstreckt werden darf. Die Grenzziehung bemisst sich nach der Zumutbarkeit von Prüfungspflichten, deren Einhaltung dem Störer zur Vermeidung erneuter Inanspruchnahme aufzuerlegen ist (vgl. BGH GRUR 1997, 313, 316 = WRP 1997, 325, 327 f -Architektenwettbewerb; WRP 1997, 1059, 1061 – Branchenbuch Nomenklatur). Der damit der Beklagten grundsätzlich offenstehende Einwand, dass ihr eine Prüfungspflicht etwa wegen fehlender oder nur eingeschränkter Erkennbarkeit (BGH aa0) nicht zumutbar sei, kann vorliegend nicht durchgreifen. Die Verbote sind auf Berufsbezeichnungen abgestellt, die ohne weiteres erkennbar machen, dass es sich um eine standesrechtlichen Werbebeschränkungen unterliegende Berufsgruppe handelt. Die Beklagte kann deshalb nicht damit gehört werden, dass sie bei der Vielzahl anderer möglicher Bezeichnungen freier juristischer Berufe unzumutbaren Prüfungspflichten unterworfen würde. Aus demselben Grund hat auch der Einwand keinen Erfolg, dass sie bei Vergabe und Vermittlung von VN nicht erkennen könne, welche verbalen Bezeichnungen sich dahinter verbergen. Die Verbote beziehen sich auf mit bestimmten Berufsbegriffen belegte VN und diese sind, wenn nicht bereits begrifflich, nach eigenem Vortrag der Beklagten dadurch gekennzeichnet, dass sie die offene Umsetzung einer 7-stelligen Nummer in einem Wort darstellen. Die Reichweite aller Verbotsalternativen erstreckt sich nur auf Wortbegriffe, nicht auf Ziffernfolgen, die irgendwelchen, evtl. sogar mehreren Begriffen entsprechen mögen. Erfasst ist nur das Verbot von VN in dieser Zuordnung. Nicht geht es um Nummern unentgeltlicher Dienste, auf die die Beklagte eine Ausdehnung des Verbotes offenbar befürchtet. Diese Ausdehnung konnte zwar möglicherweise der vom Senat im Termin vorgeschlagenen Unterlassungserklärung entnommen werden. Der damalige Vorschlag (s. Protokoll Bl. 127) war aber nur so gemeint, dass dem Tenor des Landgerichts eine weitere Verbotsalternative hinzugesetzt worden sollte. Ohne diese Erweiterung aber bleibt es bei dem im Klagehauptantrag und Urteilstenor des Landgerichts enthaltenen Bezug auf VN mit offengelegter Begriffsbezeichnung.

 

Hinsichtlich des Verbotes der Bewerbung verfängt der Einwand aus übersteigerter Prüfungspflicht im übrigen ohnehin nicht, da die Beklagte es in der Hand hat, welche Wortvorschläge sie für eine VN unterbreitet.

 

5. Der Verbotstenor war dahingehend einzuschränken, dass der Adressat der Werbung Angehöriger des Rechtsanwaltsberufes ist. Darin liegt keine Teilabweisung, sondern lediglich eine konkretisierende Klarstellung. Ausweislich der Klagbegründung beschränkte sich das Begehren der Kläger von vornherein auf diesen Adressatenkreis. Mit dieser Klarstellung kommt zugleich zum Ausdruck, dass die Verbote nicht tangiert sind, wenn es um, die Werbung/Vergabe/Vermittlung gegenüber Rechtsanwalts-Kammern, Anwalts-Suchdiensten oder einschlägigen Ansagediensten geht.

 

Die Erstreckung der Verbote auf - im konkreten Angebot der Beklagten nicht vorgeschlagene - VN mit der Belegung "Anwaltskanzlei" oder "Rechtsanwaltskanzlei" rechtfertigt sich aus zulässiger Verallgemeinerung, da es sich dabei um Beispielsfälle weiterer unzulässiger, berufsbezogener Belegungen handelt Der Umstand, dass diese beiden Bezeichnungen aus mehr als 7-Buchstaben bestehen, steht nicht entgegen, zumal dies auch bei dem eigenen Vorschlag "Rechtsanwalt" der Beklagten der Fall ist.

 

6. An der Aktivlegitimation der Kläger fehlt es nicht. Sie ergibt sich schon aus unmittelbarer Verletzung, denn es ist ohne weiteres möglich, dass anderen Rechtsanwälten in ihrem Einzugsgebiet die VN mit Schlagworten wie "Rechtsanwalt" etc. angetragen wird (s. oben Ziff. 1), sodass die Kläger trotz Niederlassung in Geislingen unmittelbar verletzt werden können. Zumindest aber sind die Kläger gegenüber einem im abstrakten Wettbewerbsverhältnis i.S.d. § 13 II Nr. 1 UWG stehenden anderen Rechtsanwalt benachteiligt.

 

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 I ZPO und die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Wegen des Streitwertes wird auf den Beschluss des Senats 2 W 18/98 verwiesen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

 

(Unterschriften)